Werden Übersetzer bald überflüssig? Wir sprechen heute mit Martin Rother, der sich nach acht Jahren bei midok® in diesem Bereich selbständig gemacht hat.
Welche Texte übersetzt du hauptsächlich?
„Grundsätzlich bin ich breit aufgestellt. Von juristischen Texten über Pressemitteilungen bis hin zu Software ist alles dabei. Als studierter Technischer Redakteur liegt mein Fokus aber auf der Übersetzung Technischer Dokumentation mit Anleitungen, Risikobeurteilungen und anderen Produktunterlagen”
Welchen Einfluss hat KI aktuell auf deine Arbeit?
„Maschinelle Übersetzung hat sich in den letzten Jahren zu einem immer größeren Faktor entwickelt. Trotzdem ist die Technologie noch nicht so weit, dass Menschen überflüssig werden.
In der Praxis wird die maschinelle Übersetzung inzwischen häufiger eingesetzt, aber ohne die manuelle Nachbearbeitung – das sogenannte Post Editing – geht es in der Regel nicht.
Ich bin wie viele meiner Kollegen der Überzeugung, dass die hochwertigsten Ergebnisse nach wie vor durch menschliche Übersetzungen erreicht werden. Vor allem überzeugende Marketingtexte oder sicherheitsrelevante Übersetzungen Technischer Dokumentationen erfordern immer noch Experten aus Fleisch und Blut.”
Was sind KI-typische Fehler?
„KI-basierte Übersetzungssysteme produzieren inzwischen oft erstaunlich gut formulierten Output. Dabei verstecken sich hinter dem schönen Ausdruck jedoch häufig gravierende inhaltliche Fehler, die erst auf den zweiten Blick auffallen.
Inkonsistenzen, etwa bei Terminologie, Zeichensetzung etc. sind ein weiterer typischer Fehler. Außerdem imitieren maschinelle Übersetzungen häufig die Strukturen des Ausgangstextes, wodurch sie unnatürlich wirken können.”
Setzt du KI bei deiner Arbeit ein?
“Es kommt ganz auf die Anforderungen des Kunden an. Bei großen Volumina und wenn es nicht auf das letzte Prozent Übersetzungsqualität ankommt, kann der Einsatz von maschineller Übersetzung durchaus attraktiv sein.
Ihre Schwächen lassen sich durch den Einsatz selbstlernender neuronaler Systeme, sogenannter NMT-Engines, sowie durch die Einbindung von Terminologiedatenbanken zum Teil korrigieren. Ein Post Editing durch den Menschen ist aber auch dann unerlässlich.
Wenn die Qualität an erster Stelle steht, wie bei den Übersetzungen Technischer Dokumentationen für midok®, setze ich aber auf komplett menschliche Übersetzungen mit Lektorat nach „4-Augen-Prinzip”.”
Hast du Angst ersetzt zu werden?
„Natürlich spüre ich den Druck durch neue Innovationen in der Übersetzungs- und Lokalisierungsbranche. Um sich auch zukünftig zu behaupten, muss man in der Lage sein, den Kunden auch unter geänderten Marktbedingungen einen Mehrwert zu bieten.
Allen Untergangspropheten zum Trotz blicke ich also optimistisch in die Zukunft.”